Damals, als sie sieben Jahre alt war und ihr Vater sie mit dem Velo kilometerweit von Zuhause in einer Gehörlosenschule zurückgelassen hatte, brach ihre kleine Welt zusammen. „Ich weinte stundenlang.“ Theresia atmet tief durch: „Im Nachhinein war mir klar, warum mein Vater mich in diesem Internat liess, obwohl es ihm und mir das Herz brach. Er wollte, dass ich einmal einen Platz in statt ausserhalb der Gesellschaft haben würde.“ Ohne technische Hilfsmittel und ohne Gebärdensprache, dafür aber mit viel Disziplin und Härte, hat sie in der von Klosterfrauen geführten Institution lesen, schreiben und rechnen gelernt und sich danach bestens im Arbeitsmarkt integriert. Alles, was ihr noch mehr Freiheit bescheren würde, nahm sie in Angriff. So auch die Autoprüfung, was für eine Gehörlose eine besondere Herausforderung war, oder im Alter den Umgang mit einem Mobiltelefon. Beim Warten und Bedienen der Maschinen in einer Druckerei machte ihre präzise und konzentrierte Arbeitsweise sie, als einzige Frau unter Männern, zu einer unverzichtbaren Mitarbeiterin. Stolz präsentiert sie zwei eingravierte Etuis gefüllt mit glänzenden Goldvreneli-Münzen, die sie zu ihrem 30-Jahr-Jubiläum und zur Pensionierung, nach 39 Jahren beim gleichen Arbeitgeber, erhalten hatte.
Ansonsten mag es Theresia lieber schlicht. Denn sie hat bereits als Kind gelernt, mit dem zufrieden zu sein, was sie ist und hat und den Rest auszublenden. „Sachen, die ich nicht hören will, verstehe ich dann auch nicht“, gibt sie schmunzelnd zu. Eine kluge, anpassungsfähige Frau, die ihren eigenen Weg geht und Schwächen dazu nutzt, Stärken auszubauen und gezielt einzusetzen? Ja, das ist Theresia Fuchs. Ob die vielen Plüschtiere in ihrer eigenen Wohnung im Fuchs-Design sie daran erinnern oder lediglich eine Hommage an ihren Nachnamen sind? Beides dürfte wohl zutreffen.
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Sachen, die ich nicht hören will, verstehe ich dann auch nicht.
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Theresia Fuchs